Akteneinsicht (§ 78 FGO)

Beim FG oder beim BFH kann man Akteneinsicht beantragen (§ 78 Abs. 1 FGO). Das Einsichtsrechts bezieht sich auf die sog. Gerichtsakte (die das gerichtliche Verfahren betreffenden Dokumente) und darüber hinaus auf sämtliche dem Gericht tatsächlich vorliegenden Akten, insbesondere auf die von den Beteiligten eingebrachten Dokumente und auf die vom Gericht beigezogenen Akten, nicht aber auf die gerichtlichen Entwürfe zu Urteilen, Beschlüssen und Verfügungen und nicht auf gerichtliche Arbeiten zu deren Vorbereitung (§ 78 Abs. 4 FGO).

  • Sinnhaftigkeit: In den Verfahren vor dem FG und dem BFH wird vom Recht auf Akteneinsicht – anders als in anderen Jurisdiktionen – nicht routinemäßig Gebrauch gemacht. Nach allgemeiner Auffassung ist die Akteneinsicht aber immer empfehlenswert und sollte daher unbedingt genutzt werden. In den Akten können sich auch Unterlagen befinden, die der Mandant seinem Prozessvertreter nicht vorgelegt hat, sei es aus Versehen, sei es im Interesse, den Sachverhalt schön zu reden und negative Aspekte unerwähnt zu lassen.
  • Ort der Akteneinsicht: Werden die Prozessakten in Papierform geführt, wird die Einsicht in den Diensträumen gewährt (§ 78 Abs. 3 Satz 1 FGO), regelmäßig also in den Räumen des Gerichts. Eine Übersendung an den Prozessbevollmächtigten ist auf eng begrenzte Ausnahmefälle begrenzt und eine Ermessensentscheidung (BFH V B 29/20 v. 18.3.2021, juris, dort auch zur Berücksichtigung der Corona-Pandemielage).
  • Kopien aus Gerichtsakten: Aus den Gerichtsakten können gegen Entgelt Kopien gezogen werden (§ 78 Abs. 1 Satz 2 FGO). Da die Gerichtsakte seitenmäßig durchnummeriert ist, kann man sich die Seitenzahlen aufschreiben oder durch post-it Zettel kennzeichnen und am Ende der Aktendurchsicht die Geschäftsstelle um die Kopien bitten.
  • Elektronische Prozessakten: Werden die Prozessakten in elektronischer Form geführt, wird die Akteneinsicht „durch Bereitstellung des Inhalts der Akten zum Abruf gewährt“ (§ 78 Abs. 2 Satz 1 FGO), d.h. auf einem Abrufportal oder durch direkte elektronische Übermittlung. Auf besonderen Antrag – z.B. wegen elektronischer Probleme beim Prozessbevollmächtigten – kann die Einsicht in die elektronisch geführten Prozessakten auch in den Diensträumen gewährt werden (Abs. 2 Satz 2). Einen Aktenausdruck in Papierform oder einen Datenträger mit dem Akteninhalt gibt es nur, wenn hieran ein berechtigtes Interesse dargelegt werden kann (Abs. 2 Satz 3). Das Schrifttum spricht sich dafür aus, die Anforderungen an „ein berechtigtes Interesse“ gering zu bemessen, bis ein bundesweites Akteneinsichtsportal funktionsfähig ist.