Revisionsverfahren

Es bedarf qualifizierter Rechtskenntnisse im Verfahrensrecht sowie im materiellen Steuerrecht und zusätzlich fundierter Erfahrung, wie man ein Gerichtsverfahren zu führen hat, um zu einer erfolgreichen Revision vor dem BFH zu kommen. Man muss die Revisionsrügen (§ 118, § 119 FGO) kennen und darstellungsmäßig beherrschen, in der Lage sein, sachlich und fundiert zu argumentieren und kompakt, gegliedert und ohne Überlängen zu schreiben. 

  • Erfolgsaussichten der Revision: Bei den Revisionen sieht es – auch wenn es sich um ein nicht einfach zu führendes Rechtsmittel handelt – sehr viel besser aus als bei den Nichtzulassungsbeschwerden (siehe Stichwort). Immerhin lag der Erfolgsanteil der von den Steuerpflichtigen eingelegten und begründeten Revisionen (111) im Verhältnis zu ihren unzulässigen (10), unbegründeten (121) oder zurückgenommenen Revisionen (54) in 2020 bei 60 % (111 zu 185). Im Vorjahr 2019 waren es 56,7 %. Siehe dazu die Jahresberichte des BFH.

201820192020
unzulässige Revisionen:221311
unbegründete Revisionen:169216182
zurückgenommene Revisionen:444854
erfolglose Revisionen insgesamt:235277247
erfolgreiche Revisionen:166230200
(jeweils einschließlich Revisionen der FinVerw)


  • Verfahrensvorschriften: Für das Revisionsverfahren gelten grundsätzlich die Vorschriften über das Verfahren vor den Finanzgerichten (§ 121 FGO) und zusätzlich die speziellen Vorschriften der § 118 bis § 127 FGO.
  • Verzicht auf mündlichen Verhandlung: S. Stichwort.
  • Mündliche Verhandlung beim BFH: Generell gilt das Gleiche wie zur mündlichen Verhandlung beim Finanzgericht (s. Stichwort). Es gilt also:
  • Tisch: Als Revisionskläger sitzt man am linken Tisch, als Revisionsbeklagter am rechten.
  • Vorstellung des Gerichts und ggf. der zu entscheidenden Sache: Es ist Übung geworden, dass der Senatsvorsitzende die einzelnen Richter und sich namentlich vorstellt. Sind nicht nur einzelne Personen als Zuhörer erschienen (die Verhandlungen beim BFH sind öffentlich), sondern Gruppen (z. B. Auszubildende), führt der Senatsvorsitzende häufig auch in den Sachverhalt und die Problematik der Rechtsfragen ein, damit die Zuhörer dem Verhandlungsablauf einigermaßen folgen können.
  • Plädoyer: Regelmäßig wird der Revisionskläger nach dem Vortrag des Sachverhalts durch den Berichterstatter zum Plädoyer aufgefordert. Dazu steht in der Saalmitte ein Stehpult. Gibt es triftige Gründe, das Plädoyer im Sitzen zu halten, sollte man den Senatsvorsitzenden darum bitten.
  • Inhalt und Dauer des Plädoyers: s. „Mündliche Verhandlung beim FG“.
  • Rechtsgespräch: s. „Mündliche Verhandlung beim FG“. Auch hier sollte man gegen die Rechtsauffassung des Finanzamts argumentieren, selbst wenn man die (bisherige) Rechtsauffassung des BFH meint.
  • Teilnahme des Mandanten: Die Teilnahme des Mandanten an der Verhandlung vor dem BFH ist nicht ganz so kritisch wie beim FG (s. Stichwort „Mündliche Verhandlung beim FG“). Aber Vorsicht: Obwohl der BFH reine Rechtsinstanz ist, interessiert er sich durchaus für den Sachverhalt und ziert sich keineswegs, den Steuerpflichtigen insoweit zu Wort kommen zu lassen. Geehrt von soviel Aufmerksamkeit fängt mancher Mandant zu plaudern an. Trotz der ausschließlichen Relevanz des vom Finanzgericht festgestellten Sachverhalts kann das schaden. Es ist regelmäßig besser, dass ein Mandant sich nicht äußert und die Beantwortung einer Frage höflich unter Hinweis auf seine forensische Unerfahrenheit ablehnt.
  • Entscheidung über die Revision: Der BFH verkündet seine Entscheidung regelmäßig nicht am Tag der mündlichen Verhandlung; vielmehr wird das Urteil regelmäßig schriftlich zugestellt. Zur Abfrage bei der Geschäftsstelle s. „Urteil“.
  • Grundsatz der Vollrevision: Die Zulassungsgründe (s. Stichwort „Nichtzulassungsbeschwerde“) sind von den Revisionsgründen zu unterscheiden. Die Zulassung eröffnet die Revision in vollem Umfang bezüglich der Verletzung materiellen Rechts und ohne Bindung an die vom Revisionskläger geltend gemachten Revisionsgründe (§ 118 Abs. 3 Satz 2 FGO). Nur wenn die Revision ausschließlich auf Verfahrensmängel i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO gestützt wird, beschränkt sie sich nach § 118 Abs. 3 Satz 1 FGO auf die geltend gemachten Verfahrensmängel.
  • Art der Entscheidung: Der BFH kann eine Revision als unzulässig verwerfen oder als unbegründet zurückweisen (§ 126 Abs. 1 und 2 FGO). Ist die Revision begründet, kann der BFH in der Sache selbst entscheiden oder das angefochtene Urteil aufheben oder – wenn die Sache mangels ausreichender Sachverhaltsaufklärung nicht entscheidungsreif ist – zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverweisen (§ 126 FGO; s. auch Stichwort „Zurückverweisung an das FG“).